· 

Corona - Interview mit Rechtsanwältin Janina Jundt

Lesezeit 5,15 Min

Photos by @Yara Sekinger

In meinem neuen Blog Beitrag beschäftige ich mich mit einigen juristischen Fragen. Zum einen sind es aktuelle Themen wie Corona-bedingte Stornierungen, aber auch allgemeine Fragestellungen, die vermutlich immer mal wieder aufkommen - sowohl auf Seiten der Brautpaare, als auch auf Seiten der Dienstleister. Im Interview mit Janina Jundt, Rechtsanwältin in der Kanzlei Nolte >< Pustejovsky aus Freiburg, habe ich ein spannendes Interview geführt und einige offene Fragen juristisch beleuchten lassen. Viel Spaß beim Lesen!

 

Sina: Liebe Janina, vielen Dank, dass Du Dir heute die Zeit nimmst und ich Dir einige spannende Fragen stellen darf. Aus gegebenem Anlass und weil es leider ja noch immer aktuell ist, gleich die erste wichtige Frage: Die Hochzeit muss Corona-bedingt abgesagt werden. Welche Hochzeitsdienstleister muss ich trotzdem bezahlen?

 

Janina: Zunächst muss unterschieden werden zwischen Dienstleistern, die bereits vor der Hochzeit Leistungen erbracht haben (Papeterie, Hochzeitsplanung, etc.) und jenen, die erst am Tag der Hochzeit (oder wenige Tage zuvor) ihre Dienstleistung erbringen (DJ, Caterer, Florist*in, Konditor*in, Trauredner*in, etc.).

 

Jede bereits erbrachte Dienstleistung vor der Hochzeit (egal ob die Feier stattfindet oder nicht), muss selbstverständlich bezahlt werden, auch wenn sie für das Brautpaar nachträglich keinen Nutzen mehr hat. 

 

Wurde zum Zeitpunkt der Absage der Hochzeit noch keine Leistung erbracht, ist zu differenzieren:

Ist die vom Dienstleister zu erbringende Leistung behördlich verboten oder nicht?

 

Liegt ein behördliches Verbot vor, muss (und kann) der Dienstleister seine Leistung nicht mehr erbringen und das Brautpaar muss im Gegenzug diese auch nicht bezahlen.

 

Wurde eine Location als Hochzeitslocation für eine Feier mit 100 Personen gebucht, so besteht momentan ein behördliches Verbot, denn die Location darf die geplante Feier (nach den aktuellen Regelungen) nicht ausrichten. Wenn der Vertragszweck als „100 Personen Hochzeit“ definiert ist, kann die Location sich auch nicht darauf berufen, dass dem Brautpaar die Räumlichkeiten am vereinbarten Tag zur Verfügung stehen, wenn auch nicht für das geplante Fest.

 

Sina: Was passiert, wenn Dienstleistungen nicht verboten sind, die Inanspruchnahme ohne die geplante Feier für das Brautpaar jedoch keinen Sinn mehr macht?

 

Ohne Feier benötigt das Brautpaar ggf. keine Hochzeitstorte, aber ein staatliches Verbot für die Konditorei eine Hochzeitstorte zu backen und auszuliefern, besteht selbstverständlich nicht. Zunächst schaut man sich die vertraglich vereinbarten Stornierungsbedingungen an. Wurde hierzu nichts vereinbart, gelten die gesetzlichen Regelungen zu Rücktritt und Kündigung von Dienst-, Werk- und Mietverträgen.

 

Eine weitere Möglichkeit kann sein, sich auf den „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ zu berufen, was so viel bedeutet wie „als der Vertrag geschlossen wurde, ist man von völlig anderen Umständen ausgegangen“. Der geänderte Umstand muss gravierend sein und darf nicht aus der Sphäre einer der Vertragsparteien stammen.

 

Die Folge: Vertragsanpassung, Rücktritt oder Kündigung.

 

Leider lässt sich hier keine pauschale Aussage treffen, wann all diese benötigten Voraussetzungen sicher vorliegen. Stattdessen ist wirklich immer der Einzelfall zu prüfen.

 

Sina: Ok, verstehe. Danke für diese ausführliche Erläuterung. Ein weiteres „Corona-Thema“, welches derzeit leider wieder viele Paare betrifft. Corona-bedingt muss die Location umgebucht werden. Darf die Location den Preis erhöhen?

 

Janina: In den Fällen, in denen ein behördliches Verbot bestand, d.h. die Eventlocation nicht wie vereinbart die 100 Personen Hochzeit ausrichten durfte, besteht für das Brautpaar nicht automatisch ein Anspruch, dass die Location auf einen späteren Zeitpunkt umgebucht werden kann. Was oft als „Umbuchung“ bezeichnet wird, ist eigentlich eine Neubuchung und für diese kann die Eventlocation die Preise neu definieren.

 

Das gilt erst recht, wenn eine Dienstleistung nicht verboten war, der Dienstleister aus Kulanz bereit war den Vertrag zu ändern oder aufzuheben und nun die Dienstleistung für einen neuen Termin gebucht wird.

 

Meistens haben beide Parteien ein Interesse daran, dass die Leistung zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen wird, daher sollte man versuchen eine Lösung im Interesse beider Parteien zu finden.

 

Sina: Ja, absolut, so sehe ich das auch. Man sollte immer versuchen eine Lösung zu finden, mit der beide Seiten leben können. Was würdest Du raten: Worauf sollte aktuell bei der Planung einer Hochzeit geachtet werden?

 

Janina: Jedem Brautpaar würde ich raten, auf den Vertragszweck zu achten. Dieser sollte möglichst genau definiert sein. Während der Pandemie kann es zudem sinnvoll sein, Location und Caterer „aus einer Hand“ zu buchen. Man sollte sich die Storno-Bedingungen jedes Vertrages genau anschauen und mit allen Dienstleistern den „was wäre wenn“-Fall besprechen.

Möglicherweise macht bei der aktuell nach wie vor unsicheren Lage auch der Abschluss einer Ausfall-Versicherung Sinn, bei der man sich dann natürlich auch wieder die Vertragsbedingungen ganz genau anschauen muss.

Allen Dienstleistern würde ich den Rat geben frühzeitig und offen mit dem Brautpaar die verschiedenen, möglichen "Corona-Szenarien" durchzusprechen und dem Brautpaar auch noch einmal vor Augen zu führen, an welcher Stelle bzw. ab wann für den Dienstleister ein Arbeitsaufwand entsteht, der zu bezahlen ist, unabhängig davon, ob bzw. wie die Hochzeit stattfindet. Gegebenenfalls ist auch jetzt ein idealer Zeitpunkt, um den/die eigenen, verwendeten Verträge einmal vom Profi prüfen zu lassen.

 

Sina: Das stimmt, und ich habe auch direkt einen Tipp bei welchem Profi man das machen kann! Nun aber genug zum Thema „Corona“. Hoffentlich können schon ganz bald wieder Hochzeiten veranstaltet und ausgelassen gefeiert werden, mit lauter Musik bis in die frühen Morgenstunden. Glücklicherweise ist es bei meinen Hochzeiten noch nie vorgekommen, ich habe aber schon gehört, dass der Betreiber einer Eventlocation plötzlich während der Hochzeit verlangt hat, dass die Lautstärke der Musik ab einer bestimmten Uhrzeit deutlich heruntergefahren wird. Muss man sich dies gefallen lassen und wie sind die Rechte als Mieter?

 

Janina: Die Lautstärke ist ein wichtiger Faktor, der vorab besprochen und in dem Vertrag über die Location Miete geregelt sein sollte. Wurde das nicht gemacht, so kommt es auf den Grund der Lautstärkebegrenzung an. Stellt die Lautstärke eine Störung für Nachbarn (oder auch die Natur) dar, so ist die Einschränkung unter Umständen berechtigt (Stichwort: Ruhezeiten).

 

Gibt es keinerlei triftigen Grund für die Lautstärkebegrenzung ab einer bestimmten Uhrzeit, d.h. die Location wurde z.B. bis 3 Uhr gebucht, die Betreiber sagen plötzlich um 1 Uhr nachts, die Musik müsse leiser gemacht werden, so sehe ich hier keine rechtliche Grundlage, auf die sich die Betreiber der Location stützen können.

 

Steht diese Regelung der Location irgendwo in einer Hausordnung oder in AGBs auf der Webseite der Location und war nicht Teil des geschlossenen Vertrages, so spricht viel dafür, dass die Klausel im konkreten Fall nicht gilt.

 

Sina: Ein weiteres heikles Thema. Wie ist die gesetzliche Lage, wenn dem Brautpaar die Fotografenfotos nicht gefallen, muss trotzdem der vollständige Preis gezahlt werden?

 

Janina: Bei dieser Frage kommt es darauf an, ob objektive Kriterien vorliegen, an denen man festmachen kann, dass die Fotos mangelhaft sind (unscharf, überbelichtet, Motiv abgeschnitten etc.). Auch ist relevant, was zuvor genau vereinbart wurde. Hat man im Vorhinein bestimmte Motive explizit vereinbart und diese fehlen auf den Fotos ohne triftigen Grund, so kann unter Umständen der Preis gemindert werden.

Kann das „die Fotos gefallen nicht“ an keinen objektiven Kriterien festgemacht werden, die tatsächlich auf einen Mangel schließen lassen, gibt es keine rechtliche Möglichkeit, die Unzufriedenheit im Preis widerspiegeln zu lassen.

 

Sina: Liebe Janina, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch und für die ausführliche Erläuterungen. Viele weitere und ganz unterschiedliche,auch für die Eventbranche relevante Themen behandelt ihr auch komprimiert und gut verständlich auf eurem Instagram Account: legalarts_freiburg, welchen ich Euch allen hiermit wärmstens empfehlen möchte!

 

 

Rechtsanwältin Janina Jundt

Aus der Kanzlei Nolte >< Pustejovsky (Freiburg)

www.np-recht.de

 

Instagram: legalarts_freiburg

Kommentar schreiben

Kommentare: 0